Wozu Englisch lernen, wenn KI das doch viel besser kann?
Shownotes
Auch in Zeiten Künstlicher Intelligenz wird man Englisch immer brauchen und lernen müssen. Allerdings wird sich der Englischunterricht ändern: Es rücken Fertigkeiten in den Fokus, die vorher weniger wichtig schienen – oder die erst jetzt notwendig werden. Das zeigen wir an einer Schreibaufgabe. Darin begleitet KI den gesamten Schreibprozess: von der Ideenfindung, der Arbeit an sprachlichen Mitteln und Textstruktur bis zur Korrektur und Überarbeitung. Und das passgenau und differenzierend für individuelle Schülerinnen und Schüler. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Unterricht entsprechend planen. Das Gute dabei: An vielen Stellen kann die KI Sie als Lehrkraft entlasten!
Ein Podcast zur Ausgabe Künstliche Intelligenz im Englischunterricht der Zeitschrift Unterricht Englisch aus dem Friedrich Verlag.
Gelesen von Dorothee Schlemm-Gál
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00:00:00: Wurzu noch Englisch lernen, wenn die KI das doch viel besser kann?
00:00:04: KI im Englischunterricht – neue Textformate und Schreibprozesse gestalten.
00:00:12: Künstliche Intelligenz hat die Welt im Sturm erobert und sie macht auch vor dem Englischunterricht nicht halt.
00:00:17: Das kann man finden, wie man will.
00:00:20: Aber die Tatsache kann man nicht ignorieren.
00:00:23: Denn Schule hat die Pflicht, Jugendliche für die Lebensrealitäten außerhalb der Schule fit zu machen.
00:00:28: Und die Schülerinnen und Schüler haben KI sowieso längst für sich entdeckt.
00:00:32: Aus Sicht der Jugendlichen stellen sich also die Fragen,
00:00:36: warum noch Texte selber schreiben, wenn KI das doch viel schneller und besser kann?
00:00:40: Und überhaupt – lohnt es sich noch Englisch und andere Sprachen zu lernen?
00:00:45: Doch wir können sie trösten.
00:00:48: Englisch wird man immer brauchen.
00:00:50: Und auch sie als Lehrkraft sind wichtiger denn je.
00:00:53: Wir zeigen ihnen, wie sie trotz und mit der KI Unterricht sinnvoll planen.
00:00:59: Als Beispiel dient dafür eine Schreibaufgabe.
00:01:02: Das Gute dabei?
00:01:04: An vielen Stellen kann die KI sie als Lehrkraft entlasten.
00:01:08: In der kommenden Viertelstunde erfahren sie, wie das geht.
00:01:12: Beschleicht sie neuerdings auch häufiger mal das Gefühl,
00:01:16: dass eine Hausaufgabe von einer KI erledigt wurde?
00:01:19: Der Text klingt so gar nicht so, als sei er von einem Schüler oder einer Schülerin geschrieben.
00:01:24: Die Formulierungen sind geschliffener als man erwarten könnte.
00:01:28: Die Argumentation steht wie ein Haus aus Stein.
00:01:31: Der Text ist so gut, dass er sogar am Abitur eine Spitzennote ernten könnte.
00:01:36: Sie wittern es.
00:01:38: Hier könnte künstliche Intelligenz im Spiel gewesen sein.
00:01:41: Doch ob das wirklich so ist,
00:01:43: lässt sich selbst mit technischen Mitteln nicht zweifelsfrei nachweisen.
00:01:47: Ist die Erfindung verschiedener KI-Werkzeuge also ein Fluch oder ein Segen?
00:01:53: Wir sagen beides.
00:01:55: Es kommt darauf an, wie man die KI-Werkzeuge nutzt.
00:01:59: Doch über welche Art von künstliche Intelligenz sprechen wir hier überhaupt?
00:02:04: Immerhin gibt es KI schon länger.
00:02:06: Sie steckt in Sprachassistenten wie Siri oder Alexa.
00:02:09: Oder in der Einparkhilfe ihres Autos.
00:02:12: Auf den Englischunterricht wirken sich aber vor allem sogenannte Large Language Models aus.
00:02:18: Das bekannteste davon kam im November 2023 auf den Markt.
00:02:23: Chat GPT.
00:02:25: Und diese KI hat ganz schön was drauf.
00:02:28: Chat GPT wurde mit einer großen Anzahl von Texten gefüttert.
00:02:32: Aus diesen Textvorbildern hat sie gelernt, wie man neue Texte erstellt.
00:02:36: Sie rechnet dafür aus, welches Wort wahrscheinlich als Nächstes kommt.
00:02:41: Man spricht deshalb von generativer KI, weil sie etwas Neues erzeugt.
00:02:46: Es gibt auch künstliche Intelligenzen, die Bilder erzeugen können.
00:02:50: Dazu zählen Mid Journey oder Hotpot.
00:02:53: Darüber hinaus kann die KI Hagen überzeugende Videos erstellen.
00:02:57: Und das in verschiedenen Sprachen.
00:02:59: Und täglich entstehen neue KI-Tools.
00:03:03: Mit den KI-Tools entstehen neue Textsorten.
00:03:07: Vorbei ist es mit den Texten, die allein aus Buchstaben bestanden,
00:03:11: bei denen klar war, wer sie geschrieben hat und bei denen ein Wort aufs andere folgt.
00:03:16: Nein, Texte sind heute multimodal.
00:03:19: Das heißt, sie verbinden Wörter, Bilder und andere Visualisierungen
00:03:24: oder auch mit Videos, in denen gesprochen wird.
00:03:27: Und diese digitalen Texte lassen sich leicht teilen, verändern oder weiterentwickeln.
00:03:33: Multimodale Texte gab es zwar schon vor dem Aufkommen von KI.
00:03:37: Weil es aber so leicht ist, mit KI solche Texte zu erstellen,
00:03:41: werden es immer mehr.
00:03:43: Und mit der Menge und den technischen Möglichkeiten wachsen auch die Risiken.
00:03:48: Es ist leicht, Hass oder manipulative Inhalte wie Fake News
00:03:52: oder Desinformationen zu verbreiten.
00:03:55: Oder die Informationen der KI sind verzehrt.
00:03:58: Dann spricht man von einem BIES.
00:04:00: Ein Beispiel.
00:04:02: Wenn man KI bittet, create an Image of a Scientist.
00:04:06: Sind häufig weiße, männliche Personen abgebildet.
00:04:09: Von Frauen oder People of Color keine Spur.
00:04:13: Manchmal sind Informationen der KI auch frei erfunden,
00:04:16: wie zum Beispiel Kamele mit drei Beinen.
00:04:19: Dann spricht man von Halluzinationen.
00:04:22: So weit zum Fluch der KI.
00:04:25: Wer also mit KI arbeiten möchte, muss sein kritisches Bewusstsein schärfen.
00:04:30: Dazu müssen Schülerinnen und Schüler drei Dinge verstehen.
00:04:34: Erstens, wie man Texte und Bilder mit KI erstellt und verbreitet.
00:04:39: Und wie sich das dann auf die Gesellschaft auswirkt.
00:04:43: Zweitens, wie KI-generierte Bilder, Texte und Videos wirken.
00:04:49: Drittens, wie man KI-generierte Inhalte sinnvoll in eigene Texte einbaut.
00:04:55: Sie sehen also, dass man heute nur mit Wortschatz und Grammatik
00:04:59: einer Fremdsprache nicht weiterkommt.
00:05:01: Es braucht mehr als nur reinsprachliche Kompetenzen.
00:05:05: Was heißt das nun für den Englischunterricht?
00:05:08: Die Antwort?
00:05:10: Er muss sich ändern.
00:05:12: Der Englischunterricht muss sich nun um Fertigkeiten kümmern,
00:05:15: die vorher weniger wichtig waren.
00:05:17: Oder die es jetzt notwendig werden.
00:05:20: Das erläutern wir in den kommenden Minuten am Beispiel der Schreibkompetenz
00:05:25: und einer Beispielaufgabe.
00:05:27: Diese lautet.
00:05:29: Discuss the advantages and disadvantages of public transportation.
00:05:34: Und versprochen, jetzt kommt auch der Segen der KI.
00:05:39: Denn KI kann alle Phasen des Schreibprozesses unterstützen.
00:05:43: Von der Ideenfindung bis zur Korrektur.
00:05:46: Und das passt genau für jeden Schüler und jede Schülerin.
00:05:51: Doch bevor wir über den Schreibprozess sprechen,
00:05:54: ein Gedanke vorne weg.
00:05:56: Wenn KI gute Texte schreiben kann,
00:05:58: müssen Menschen andere Schreibfertigkeiten erlernen als früher.
00:06:02: Deshalb muss auch Schreibunterricht anders geplant werden.
00:06:06: Und darin liegt eine Chance.
00:06:08: Denn der neue Schreibunterricht kann die Vorteile der KI für sich nutzen.
00:06:12: Das gilt sowohl für Lehrkräfte als auch für Schülerinnen und Schüler.
00:06:16: Das Gute dabei, an vielen Stellen kann die KI sie als Lehrkraft entlasten.
00:06:21: Denn KI kann nicht nur Schülerhandschriften lesbar machen.
00:06:27: tachliche Richtigkeit der Schülertexte überprüfen und korrigieren. So können sie als Lehrkraft
00:06:32: sich auf den Inhalt eines Textes konzentrieren. Schluss also mit endlosen Korrekturmarathons.
00:06:38: Zunächst aber versetzen sie sich doch mal in die Lage ihrer Schülerinnen und Schüler.
00:06:44: Denn für diese ist der größte Hemmschuh beim Schreiben von Texten das bekannte Problem,
00:06:50: nämlich "Mir fällt nichts ein". Das hingegen ist überhaupt kein Problem für die KI. Man kann sie
00:06:57: als Ideenspenderin nutzen. Dazu muss man lediglich eine geeignete Handlungsanweisung für die KI
00:07:03: formulieren. Diese Handlungsanweisung nennt man prompt. Ein Beispiel für einen prompt,
00:07:09: der zu Schreibedien führt "What are reasons for or against public transportation?" oder "What arguments
00:07:18: might a senior citizen have against public transportation?" Die KI kann auch geeigneten
00:07:24: Wortschatz für diese Aufgabe zusammenstellen. Aus den Vorschlägen der KI wählen die Schülerinnen
00:07:29: und Schüler dann solche aus, die zu ihrem Text passen. Andersherum kann die KI aus Sichtpunkten
00:07:35: einen vollständigen Text erstellen. Ein Beispiel. Eine Schülerin erstellt eine Liste mit Vor- und
00:07:42: Nachteilen öffentlicher Verkehrsmittel. Ihre Leistung ist es also, die Inhalte für den Text zu
00:07:47: erarbeiten. Die KI schreibt dann aus diesen Stichpunkten den Aufsatz. Wenn die Schülerinnen und
00:07:54: Schüler ihre Texte selber schreiben, kann KI eine Rückmeldung geben. Diese Rückmeldung kann
00:07:59: sich entweder auf die Inhalte eines Textes oder auf Sprache und Grammatik beziehen.
00:08:04: Geeignete Tools hierfür sind Phobis, Fellowfish, Language Tool, Deeperite oder Grammarly. Manche
00:08:13: dieser Tools identifizieren lediglich einen Fehler. Andere machen auch Vorschläge zur
00:08:18: Verbesserung. In der Vergangenheit führten nur ganz gezielt formulierte Prompts zu guten Ergebnissen.
00:08:24: Das erfordert sprachliches Können. Denn komplexe Texte erfordern auch komplexe Prompts. Aber KI
00:08:32: entwickelt sich weiter, sodass heute auch unscharfe Prompts zu guten Ergebnissen führen. Jedoch können
00:08:38: die Ergebnisse der KI nur einen Anfang darstellen. Die Schülerinnen und Schüler müssen selbst prüfen,
00:08:44: ob die Ergebnisse passen und überzeugen. Es ist ihre Aufgabe, Antworten oder Teile
00:08:50: daraus zu übernehmen, zu vertiefen oder zu verwerfen. Die Hinweise der KI helfen also nur dann,
00:08:56: wenn die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe verstehen. Zum anderen müssen die Schülerinnen
00:09:02: und Schüler wissen, was die KI leisten kann und wo sie an ihre Grenzen kommt. Es handelt sich also
00:09:08: um eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Das nennt man Co-Kreation. Co-Kreation gibt es
00:09:16: auch zwischen Lehrkräften und der KI. Denn KI kann sie dabei unterstützen, Schreibaufgaben zu
00:09:21: planen oder Materialien für den Unterricht selbst zu erstellen. Das könnten zum Beispiel Lesetexte
00:09:27: sein, die sich schon für eine fünfte Klasse eignen. Oder Texte, die bestimmte Informationen
00:09:33: oder sprachliche Mittel enthalten, die ihre Klasse für eine Aufgabe benötigt. Dabei können sie dann
00:09:39: auch gleich differenzierend vorgehen. Sie können Texte erstellen, die verschiedene Lernniveaus,
00:09:44: Interessen oder Bedarfe berücksichtigen. In Zukunft werden KI-Tools wohl auch in der Lage sein,
00:09:51: die Vorgaben von Bildungsstandards und Lehrplänen zu berücksichtigen. Zum Teil geht das heute
00:09:57: schon mit komplexen Prompts, die man Mega-Prompts nennt. Diese Mega-Prompts kann man zum Beispiel
00:10:03: mit einem Erwartungshorizont füttern. Die KI untersucht dann, ob diese Inhalte in einem
00:10:08: Schülertext vorhanden sind. Oder die KI generiert eine Beispiel-Lösung, an denen sich die Schülerinnen
00:10:15: und Schüler orientieren können. Was KI-Tools jedoch nicht können, ist eine inhaltliche
00:10:21: Bewertung. Zum Beispiel, ob ein Text gute Argumente enthält. Oder ob der Text wirkungsvolle
00:10:27: Stilmittel nutzt. Oder ob die Inhalte überhaupt richtig sind. Das können nur sie als Lehrkraft.
00:10:33: Dennoch nutzt die Zusammenarbeit zwischen Mensch und die KI die Stärken aller Beteiligten.
00:10:39: Die KI ist fleißig und schnell. Und sie als Lehrkraft haben das pädagogische und fachliche
00:10:46: Know-how. Was heißt all das, was sie gehört haben, nun für den Englischunterricht in Zeiten
00:10:53: von KI? Das Aufkommen von generativer KI ist ein Wendepunkt, der neue Anforderungen an
00:10:59: den Englischunterricht stellt. Denn es ist weder sinnvoll noch möglich, KI in der Schule
00:11:05: zu verbieten. Zum einen lässt sich die KI-Nutzung von Schülerinnen und Schülern nicht kontrollieren.
00:11:11: Zum anderen wäre ein KI-Verbot auch nicht zielführend. Denn die Schule hat die Pflicht,
00:11:17: Jugendliche für die Lebensrealitäten außerhalb der Schule vorzubereiten. Und dort ist KI
00:11:22: schon überall. Besser ist also die Flucht nach vorn. In der Schule müssen Jugendliche
00:11:28: lernen, mit KI kompetent umzugehen. Das bedeutet zum einen, die Technik in der KI zu verstehen.
00:11:34: Zum anderen bedeutet es aber auch, die Grenzen, Risiken und Nebenwirkungen von KI zu reflektieren.
00:11:41: Das betrifft vor allem Desinformationen, Verzerrungen und Stereotypen. KI gibt manchmal die tatsächliche
00:11:48: Vielfalt und Komplexität von Menschen nicht angemessen wieder.
00:11:51: KI revolutioniert also den Englischunterricht, macht ihn aber nicht überflüssig. Insgesamt
00:12:00: braucht es im Unterricht Phasen, die KI nutzen, und andere, die technikfrei sind. Wenn KI
00:12:06: ins Spiel kommt, kann sie individuelle Lernwege ebnen oder erst ermöglichen. Sie kann auch
00:12:12: Schülertexte ein bisschen schicker machen, so dass sich Schülerinnen und Schüler daraus
00:12:16: etwas für ihre eigenen Texte etwas abgucken können. In diese Texte können sie dann auch
00:12:21: KI-generierte Bilder oder Videos einbinden oder sich von KI im Schreibprozess unterstützen lassen.
00:12:27: Allerdings wirkt sich KI auch darauf aus, wie Schülerleistungen erfasst und bewertet werden.
00:12:34: In Prüfungen ist eigenständiges Denken und Arbeiten nach wie vor wertvoll. Was
00:12:40: zählt, ist nicht ein fertiges Produkt, ein funkelnder Text. Nein, es ist der Lernprozess,
00:12:46: der zählt. Ganz nach dem Prinzip, be a learner, not a finisher.
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